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Rendezvous mit Joe Perfect

Da sind wir wieder. Zeit für ein Statement. Jetzt wird's schmutzig. Jungs, ich tu es für Euch, ich bin heute Eure Jeanne d´arc de not-Thermomix und werde vermutlich enden wie Till in "Rosenrot". Aber Mädels : mit Eurer Meinung können wir leben, aber jede von Euch, die liest und NICHT kommentiert, ist ertappt und gibt mir Recht. (P.S. : Schwulen, Lesben und Differenten gestehe ich natürlich die Freiheit zu, sich eine passende Seite in diesem "Civil War reloaded" frei zu wählen.) Legen wir los.

Ich habe Besuch. Nicht die übliche Art Besuch, für die man tagelang im Vorfeld frühjahrsputzig und muttercommitend penibel aufräumt und dann hygienisch, antistatisch und keimfrei den letzten verbleibenden freien Tag im Stasisfeld oder besser gleich auswärts verbringt, um beim Besuch nicht den Eindruck zu erwecken, man wollte einen Eindruck erwecken. Ich habe tatsächlich einige Dinge bei ebay einzustellen und für die angefallenen Herren-Kleidungsstücke der Kategorien Cool bis Kultig hat mir ein befreundeter freundlicher Runrig hörender Bekleidungsgeschäftbetreiber eine Schaufensterpuppe ausgeliehen, damit ich bessere Präsentationsfotos erstellen kann. Eigentlich eine gute Idee. Demontiert im Kofferraum, dexteruntypisch unblutig in seine Teile zerlegt, null Problemo.

Aber jetzt steht er hier in meiner Küche. Er ist niederträchtigst omnipräsent und hält mir täglich den sprichwörtlichen Spiegel vor, gibt mir zu allem Kontra und ist mit nichts an mir zufrieden. Ich glaube, ich habe gerade ein bis vier deja vus der jüngeren Vergangenheit, Kräuterlikör wird helfen, ist ja ne Art Medizin...

Irgendwann finde ich bestimmt noch das Herstellerlabel von diesem Joe Perfect, natürlich so von mir benannt in Anlehnung an "Rendezvous mit Joe Black" mit Brad Pitt, einen Film, den auch ich unsensibler Schiessfilm-Gucker die ganzen drei Stunden verehre, während die gebildete moderne Frau von heute regelmäßig wegen Schlafüberkommens nur in 40-Minuten-Blöcken gucken kann und dann oft Probleme mit der Handlung kriegt. Sorry, ist so. Mittlerweile bin ich mir sicher, dass Joe von Frauen erschaffen wurde, er verkörpert schließlich den Idealtypus weiblicher Begehrlichkeiten, ein kunststoffgewordener Schmelztiegel ihrer must-haves. Deswegen steht ja ER im Geschäft und kein Model von Hennes Bender oder Piet Klocke. Frauen wollen, dass ihr heimischer Perlhahn aussieht wie ER und kaufen die charmant unterschwellig suggestiv angebotene und angepriesene Oberbekleidung entsprechend willig und euphorisch, notfalls eben in XS oder triple-xl. Da ist die moderne Frau von heute anpassungsfähig. Entweder der Typ zu Hause passt sich an und irgendwann IN die Klamotten. Oder er passt sich nicht an, nicht hinein und bekommt das homozygote XX-Triple aus "dem Blick" , "demonstrativ herumliegender Kleidung in "M" " und der Krönung, dem "ist-schon-gut-mit-gesenktem-Kopf-sagen" .Egal was Mann tut, Frau gewinnt. Smart is the new sexy? Für'n Ar.....! Frauen standen immer schon auf Arschlöcher, ist ein Naturgesetz. Ich brauch noch n Kräuterschnaps...

Mit seinem Hartplastiksixpack kann ich leben, man muss seine Grenzen kennen, auch sein schön schlanker rechter Fuß... pah.... Steh ich drüber... NOT! Dass ihm in der Mitte was fehlt wäre ein Punkt für mich, doch - geschenkt, die moderne Frau hat ein Energizer-Abo und Babies gibt's aus der Retorte, zumindest ist es für Alice Schwarzers Enkelinnen und die hippen influencten Instagrammchicks lösbar, wenn sie das Leben einholt. Aber dafür ist ER, Joe Perfect, immer da, stellt keine Ansprüche, gibt keine Widerworte, hat keine eigene Meinung und kann stundenlang GNTM gucken. Mit ihm geht es ständig in Urlaub, denn er reist im Gepäckraum deutlich günstiger, zwischen Louis-Taschen und Hundeboxen, da bleibt nachher noch genug für einen Prosecco am Strand. Er hört weder das abartige Rammstein noch das weinerliche Glashaus oder die Alte-Leute-Hard-Rock-Musik von diesen Holländern...Van Horten oder so. Er macht keinen Schmutz, riecht immer gut und zieht an, was FRAU will. Da stimmen auch immer die Farben, denn Farben sind wichtig; außer sie sind nur ein Irrtum, aber das ist eine andere Geschichte. Mit IHM kann man überall hin gehen, er benimmt sich immer perfekt. Ok, gepflegt angepasster smalltalk wäre schön, für die obligatorischen traditionellen Familienfeiern unterm Dach. Freundlich unschädlich und unpeinlich vorzeigbar. An SEINEN Humor muss man sich aber wenigstens nicht erst gewöhnen. Vielen Dank auch. Wo war doch gleich der Kräuterschnaps?

Nun ja. Da sind wir also. Bestandsaufnahme abgeschlossen. Einfach nicken, Jungs. Frauen mit dem Charme von Vivian Ward sind Utopie, die Klarheit einer Seven-Of-Nine suchen wir vergeblich, die Leidenschaft einer Amelia Earhart ist Vergangenheit, lost in the past wie Lorraine Baines, die Mutter von Marty McFly, oder Peggy Carter, die große Liebe von Captain Rogers. Vielleicht dürft ihr ja dieses Jahr einen Smoker anschaffen, wer weiß. Aber in diesem Spiel hat alles seinen Preis. Und der wird nicht nur durch ein "gutes Gespräch" mit dem "Mann der mich zum Lachen bringt" bezahlt. Ich empfehle die Folge von Sons Of Anarchy, in denen die Iren abrechnen, Ihr wisst schon. Kein Kräuter? Verdammt.

Allgegenwärtiger Vorteil Joe Perfect : er hat keinen Kopf. Vor allem im Vergleich mit denen von uns, die einen EIGENEN haben, mit Ideen, Leidenschaften, Hobbies. Feuer die nicht zu löschen sind, wie echte lodernde Liebesgefühle, die mit fortschreitender Beziehung immer nur noch die eine desillusionierte Seite ins Feld führt, während die nur oberflächlich schwächere zweite Partei fortwährend neue Potentiale am Gegenüber entdeckt, die es zwecks Relationshipimprovement zu heben gilt. Ihr wisst, wer auf welcher Seite der Gleichung steht.

Wisst Ihr was gerade passiert ist? Da steht er noch und starrt mich kopflos an, der Joe, da krieg ich plötzlich Unterstützung. Denn - listen and repeat - unser aller Vorbild in Sachen Stil und Etikette, das Fleisch gewordene Einstecktuch, die leibhaftige Beherrschtheit, tönt überraschend aus den Lautsprechern, hier springt mir Spotify-gegebene Hilfe zur Seite in meiner ungleichen laferfreien und lichterlosen Küchenschlacht : Max Raabe singt : "Küssen kann man nicht alleine".

 

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