· 

Entkoppelt

Da sind wir wieder. Zeit für ein Statement. Wenn man, wie ich, eine gute Freundin, eine professionelle Arschretterin und das sprichwörtliche Hintergrundgeräusch zwar praktischerweise in einer Person vereint, vermengt und unseparierbar, dafür aber unpraktischerweise auch selten zur Verfügung hat, weil sie gerade, wie immer, andere Ärsche menschlichen oder tierischen Ursprungs rettet, ohne an den eigenen Hintern zu denken, muss man Gelegenheiten beim Schopf ergreifen. ( Man verzeihe mir bitte die proktologisch überzogene plastische Darstellung) Ich schlage ihr also vor, Pfingstsonntag für ein Stündchen nach Plettenberg zum Kaffeetrinken zu fahren und lande schließlich, statt dessen, Pfingstmontag im Panoramapark, wo ich gefühlt die geographische Vollstrukturerfassung des gesamten südlichen Sauerlandes erwandere, während meine schmerzenden not-used-to-Waden mir zu verstehen geben, dass sie erstens in, grob geschätzt, pro Fuß zehn Kilo schweren orthopädischen Schuhen stecken, und zweitens, zwar wie der Rest von mir eingestanden, partiell emotional betäubt sind, aber dennoch quicklebendig. Ich gebe also alles, und beginne mir wieder einmal selbst zu beweisen, dass ich doch nicht ganz so ähnlich einer menschgewordenen Interpretation einer 'useless box' bin, denn ich arbeite regelmäßig an mir. Echt. Nur WAS der 'use' sein könnte, verstehen nicht viele, und ich bin auch nicht gerade der erste Vorsitzende meines Fanclubs, aber das ist ein anderes Thema. Einladung steht, findet es raus! 

Zurück zum Park. Fünfzig Prozent von uns, mit Kamera und Objektiven von der Größe eines Leopard 2 Geschützes bewaffnet, und mit dem Jagdinstinkt einer Wanderheuschrecke versehen, beschließen mit der Bimmelbammeltouristenratterkutschbahn nach oben zu fahren und dann den Weg nach unten zu nehmen. Ich ordne mich relaxed dem offensichtlich begeistert entspannten Hintergrundgeräusch unter und fahre mit, vorne und hinten vom einem Stimmengewirr aus Niederländisch, Holländisch und der unvergessenen Stimme von 'Hänschen' aus den Schimanski-Tatorten eingerahmt, während der Fahrkomfort mich an gebrochene Radreifen der DB erinnert und schlicht nicht vorhanden ist. Da der Zugtraktor vor dem Traktorzug offenbar noch lange vor der Feinstaubdiskussion gebaut und angeschafft wurde, kriege ich bald schon nicht mehr alles so genau mit, nehme den einen oder anderen tieferen Atemzug und freue mich ob der durch den Sauerstoffmangel freigesetzten und schon länger nicht mehr wahrgenommenen körpereigenen Endorphine. Die Bahn stoppt schließlich in einem zu durchquerendem Wildfreigehege, damit das dort dauerhaft wohnhafte Mehrgenerationendamwildkollektiv sich in Ruhe die Touries ansehen und um Wildfutter der Preiskategorie 'Beluga' erleichtern kann. Mein knüppelharter, einzwängender und vollgedieselter Hartholzbodenplatz wird erwartungsgemäß durch das, vielleicht aus dem Gehäuse einer Elsper Boden-Luft-Rakete im Vollen gefräste, Teleobjektiv meiner euphorischen und überwiegend stehenden Begleitung vorübergehend auf ein Level reduziert, das dem just bundesweit eingeführten Tierwohl-Label sicher nicht mehr entspricht. Aber dafür haben jetzt alle anwesenden Fellträger ausreichend persönlich ansprechendes Bildmaterial für jede Menge Stellenausschreibungen, falls das Futter mal unter Sterneniveau sinkt und sie den Tierpark wechseln möchten. Als wir schließlich am obersten Punkt der Fahrt ankommen und uns an den Fussmarsch nach unten machen, gibt es selbstverständlich noch jede Menge Fotos zu schießen. Hier oben sind Alpaka und Emu geduldige und willfährige Belichtungsopfer, spekulieren sie doch, wenn auch vergeblich, auf Mitbringsel von der nahegelegenen Imbissstation. 

Während sich Luchse und Waschbären, vermutlich mit den gemeinen Ottern unter einer Decke steckend, dem Gekreisch von Kevin, Jaqueline und Different ebenso entziehen wie dem panzerfaustähnlichen Teleobjektiv  meiner guten Freundin (erneut bitte nicht zu verwechseln mit der jüngst wieder aufgetauchten 'alten' Freundin, die vermutlich eher nicht über eine nachgemachte Waffe diesen Kalibers verfügt, der ich ein Original derselben jedoch bedenkenlos zutraue) , deren Laune sich langsam farblich der sich nähernden Gewitterfront anpasst, nähern wir uns dem Ausgang. 

Unterhalb des Parks klingt der Tag noch im Kreise vieler großer und kleiner Pferde, lauter und leiser Vögel unterschiedlichster Provenienzen, sowie eines Kleinhundes mit bandagiertem Oberkörper (soweit Hunde so etwas überhaupt haben), ganz bemerkenswert aus. Dank sehr individueller, sehr entspannter und sehr spezieller Menschen, wird  völlig überraschend, aber sehr harmonisch, bei Hefezopf, Hirschwasser und Libellenbutter, der frühe Abend zu einer unerwartet tollen Zeit. Doch darüber tiefer zu sprechen verbietet neben der EU-Datenschutzgrundverordnung auch der Respekt. Am Ende sind wir beide extrem relaxed und hundemüde und verlassen das magische Auenland zwischen Hobbits (Fantasy, nicht Keks) und Ostwind 3. Das hat sich gelohnt!