
An Tagen wie diesen ist es wieder Zeit für das Sourcountry Survival Chapter (SSC). Sei gegrüßt, Zugereister! Es ist wundervoll hier und es gibt viel zu sehen ! Es ist wichtig, den Blick für das Ganze zu bewahren, Zusammenhänge zu erkennen und die richtigen Schlüsse für sich und sein Leben daraus zu ziehen. Wie schon mehrfach berichtet, ist das im Sauerland nicht immer einfach, erschließt sich in der Regel nicht sofort oder nur unter Anstrengungen, und ist selten offensichtlich; gerade so wie die Menschen hier. Ich möchte versuchen, den Zugereisten ein kleines flackerndes Leuchtmittel im Irrgarten der, undifferenziert betrachtet, scheinbar offenkundig mehr oder weniger fett- und alkoholgesteuerten Brauchtümer zu sein und den einen oder anderen Teil detaillierter auszuleuchten um die eigentliche Cleverness und Herzlichkeit von Land und Leuten offenzulegen.
In einem typischen regionalen Discounter, also einem ländlich geprägten Supermarkt-Kettenmitglied mit deutlichen Zugeständnissen im Hinblick auf die gestiegenen Kundenwünsche nach mehr Lebensmittelvielfalt aus sozialverträglich fair gehandeltem pesti- und fungizidfreien Anbau mit Kassenabrechnungs-Betragsunterstützungs-Aufrundung für die deutsche Wildbienenpopulation, fand ich vor kurzem eine topaktuelle heimische Packung Zebra-Fleisch (tiefgefroren, 300g für 6,99€), vermutlich ein ruhmloser Rest des riesigen Run, über den die Bildzeitung schon am Nikolaustag 2018 berichtete, was ich allerdings, da ich keine Bildzeitung lese und daher immer warten muss, bis der ortsansässige Fischhändler mir meinen ebenfalls tagesfrisch ultraregional aufgetauten Viktoriabarsch oder ähnliche zugewanderte migrationshintergründige Pisciden, in eben diese einwickelt, was eine Verzögerung des Informationszugangs von mehreren Tage zur Folge haben kann, selbstverschuldet nie tagesaktuell erfahre.
Anders der Sauerländer, der mir selbst im Speziellen und uns Zugereisten im Allgemeinen, wieder einmal mehr als einen Schritt voraus war und ist und die ertragpotentialreiche Lage schon früh erkannte: wir erinnern uns noch alle an den fulminanten Pferdefleischskandal aus dem Jahre 2013, also jenes unsägliche mediale Fenster in die Abgründe kapitalistischer Seelen, das uns ungeschönt und schamfrei vor Augen führte, welche hervorragende un-kobe-esque Rindfleischqualität wir erwarten können, wenn wir nur bereit sind, den Gegenwert eines klapprigen karpathischen Kleppers zu entlohnen. Denn dann kommt eben genau der in die lausig leckere Lasagne, der geräumte gruselige Gnadenhof kommt in den vergammelt versifften Fleischwolf, ermöglicht und rechtfertigt den Preis von unter einem Euro pro Portion und gibt einem mangels des kulinarisch-geschmacklichen Ausdruckpotentials nur im Hinblick auf das herausragend ultrakleingecutterte Körperteilgemenge im Nicer-Dicer-Style ein gutes Gefühl. Der Grund dafür liegt darin, dass auch bei Tiefkühllasagne die Gaumenfreude doch maßgebend davon getragen wird, dass die an der Abdeckerei vorbei gelenkte Restefleischmenge nicht mehr erkennbar ist und einem nicht womöglich auch noch Ostwinds Augen in der Mikrowelle zerplatzen oder Furys Ohrknorpelteilchen das Kauerlebnis unnötig unerfreulich verlängern. Im Bergischen Land hätte Solingens Spezialist in der Gerichtsstraße (jüngst erst wieder mit dem Schild „Heute frisches Fohlengulasch“ aufgefallen) sicher gern geholfen und vielleicht den einen oder anderen behenden Bolzenschuss assistiert, quasi „No country for old horses“ , wenn der Vergleich zum Werk der Coen-Brüder erlaubt ist, aber die Zeiten sind durch.
Nun steckt für den geneigt ertragsschlauen Sauerländer (-in / div.) genau hier das Potential. Das ungerittene Schicksal der verbratenen Pferde, die unglücklich missachteten ungeschlachteten Rinder, die unschöne Geschmacksvariante der semi-italogenen Pastaderivate, sie alle bilden für ihn nur den Beginn einer Gleichung, an deren anderem Ende hochpreisiges Exotenfleisch von Strauß, Känguruh oder eben : Zebra ! stehen. Je weiter der preisliche Unterschied zwischen beiden fleischlichen Endprodukten ist, umso größer ist die Gewinnspanne, it`s as simple as that, und auch Schützenfeste wollen finanziert sein. Und so hat er, unbeachtet von der Außenwelt, aber derzeit mit etwas Glück zu sehen, vielleicht bei guter Sicht und an sonnigen Tagen im unbeobachteten Nachgang eines Doppelregenbogens, vielleicht aber auch einfach so, im Sunshine State Elspe begonnen, das eine oder andere Pferd physisch und psychisch auf die neue Situation vorzubereiten. Eben genau dort, wo sich Fuchs und Hase nicht nur „Guten Tag“ sagen, sondern schon seit Jahren viel über das beobachtete außergewöhnliche Verhalten der durch die unplanbaren Gezeiten des Lebens hier angespülten menschlichen Existenzen zu berichten haben.
Und so kommt es, dass so manche kluge Kindergärtnerin auf Ausflug mit ihrer rappeligen Rasselbande, derzeit in Elspe an dem einen oder anderen wackeligen Weidezaun etwas länger braucht, wenn die schnullerfreien Schnuddelschnuten fragen, was das denn für ein Tier ist, das dort steht. Und die oberflächlich schnelle Instagramm Generation, oft hübsch anzusehen, doch emotional eben doch ähnlich gehaltvoll wie das eigene Duckface im Profilbild, unfähig emotionale Tiefe zu erreichen, findet sich zum gemeinsamen Weiterwischen an der vermeintlichen Zebrakoppel und feiert das stylische Background Motiv, während sie ihre unwahrgenommene Umgebung ins Nichts verbannt und eigene Potentiale liegen lässt um ein paar self-fulfilling prophecies zu generieren. Doch da sind auch noch wir, die innehaltenden Interessaten, die analytischen Anseher, die emphatischen Erorierer und , ja, eben auch, die zwangsmigrierten Zugereisten. Wir kennen jetzt den Hintergrund und wissen, dass in Elspe nicht der zweite Teil von „Stripes“ gedreht wird, sondern sich direkt vor unseren Augen eine tiefgreifende Revolution der Hufhaltungsindustrie vollzieht. Innovativ, lautlos, nachhaltig und ertragsstark. Wir wissen nicht, wer der Elsper Tönnies wird, aber er wird hoffentlich gesündere Ansichten mitbringen. Jedenfalls sind wir mittendrin. Wir halten erstaunt inne und stellen wieder einmal fest : Ne, watt schön hier !