

Willkommen Zugereister, es ist schön hier und es gibt viel zu sehen. Nicht alles erschliesst sich schnell und auf den ersten flüchtigen Blick. Doch dabei möchte ich gerne helfen.
In Deutschland geht ein Gespenst um, befeuert von den nimmermüden stimmungsgeifernden Privatsendern. Irgendwann zwischen in Ehren ergrautem Peter Klöppel, masturbations-überdrüssiger Farmsalatbrautschau und , wissenschaftlich begründet, überwiegend unbekleideten Koitus-Kandidaten aus den bildungsfernen Stadtrandschichten der Neuzeit, senden sie dramatisierte Berichte über den Zusammenbruch der deutschen Arzneimittelversorgung.
Ein lebensbedrohender Mangel an MediNait, Ibu und Viagra erschüttert die verängstigten Konsumenten in der knappen Zeit zwischen den Werbeblocks. Allerdings diesmal, zugegeben, nicht ganz unbegründet, wenn auch längst nicht so apokalyptisch, wie man uns quotenerheischend weismacht, haben uns tatsächlich Planungs- und Gewinnerzielungsdefizite der ruhmreichen überwiegend deutschen Pharmaindustrie in gehörige Schieflage manövriert.
Was das mit dem Sauerland zu tun hat? Ganz einfach: an den liebgewonnenen Bewahrerinnen und Bewahrern diverser für uns Zugereiste sich unalkoholisiert nicht
unmittelbar erschliessender Traditionen, geht das Desaster völlig spur- und schadlos vorbei, tropft ab wie Tapir-Urin an einer Gehege-Glasscheibe im Zoo.
Zum einen, weil die gute sauerländer Seele, historisch gewachsenes Rolemodel all jener, die man heute korrekterweise "Prepperin/Prepper/Sich-Preppendes" nennen würde, selbstredend ganzjährig sämtliche greifbaren Teilstücke heimischer Flora und Fauna in alle möglichen Dosen, Tiegel, Gläser und gefrierbrandverhindernden Polymerbeutelchen stopft, um, offenbar vollständig zivilisationsnegierend, für den erbarmungslos Winter gewappnet zu sein. Und genauso weitsichtig MHD-sortiert Standardmedikamente bunkert.
Aber vor allem gibt es im Sauerland ganz andere medizinische Versorgungsengpässe, die zu bekämpfen größere Anstrengungen und volle Konzentration aller Beteiligten
erfordert. So erschließt es sich dem Zugereisten nicht sofort, warum es offenbar weder in Apotheken, noch Drogerien oder anderen semi-medizinorientierten Konsumentenstationen der Region derzeit
PINZETTEN zu erwerben gibt. Dabei ist von der einfachen, betont günstig produzierten, zweiflügligen Asia-Variante aus einfachem Edelstahlblech bis zur hochwertigen, ledergebundenen
Solingenpinzette aus geborgenen Stahlplatten der teilgehobenen `Bismarck`, tatsächlich nur schwer überhaupt ein Exemplar zu bekommen, es sei denn, es ist während der letzten Inventur
zwischen die vorgerückten Regale gerutscht und erst bei der letzten Grundreinigung wieder zu Tage getreten.
Der Hintergrund ist wieder einmal ebenso überraschend wie logisch und damit prädestiniert für den sauerländer Duktus und die allzeit fokussiert betriebene Wahrung
lokaler Traditionen. Während in überwiegend urban-digital geprägten Städteregionen noch immer letzte Outdoor-Pokémons gejagt werden, setzt sich im Sauerland mehr und mehr die uralte und verloren
geglaubte Tradition des Mäusemelkens wieder durch.
Ursprünglich schien das Wiederbeleben der alten Fertigkeiten noch an den Schwierigkeiten beim Lebendfang der kleinen Gesellen zu scheitern. Mittlerweile führten jedoch diverse Abpolsterungsschaumstoffe und Entspannungsbügel an Standardfallen zu erklecklichen Beständen pelziger Testpopulationen der Kleinnager, die der Sauerländer bei den üblichen saisonalen Festivitäten gegen Flaschengegorenes rege handelt.
Tatsächlich haben die involvierten Bevölkerungsteile des Sauerlands, wie üblich bei öffentlich präsenten Aktivitäten vorwiegend männlich, seit jeher entweder stoisch stillschweigend stehend oder kräftig zupackend, mit wenig feinmotorischen Handtellern und Fingern der Größe XXL eher zum regelmäßigen Holzrücken als zum gelegentlichen Marienkäfer-Punkte-Setzen geeignet, erhebliche Schwierigkeiten beim manuellen Abmelken der Kleintiere erfahren müssen, die sich dem ungewohnten Verfahren regelmäßig energisch zu entziehen versuchen. Erst die behutsame Anflanschung von handelsüblichen Edelstahl Pinzetten brachte die gewünschten produktiven Ergebnisse an der empfindlichen Mäusezitze. Natürlich sprach sich dies im gut konnekteten Sauerland herum wie ein Sale bei Krombacher und führte so dann auch zum erwähnten Engpass an Pinzetten.
Am Rande sei noch erwähnt, dass die SauerländerIN, wie üblich geschäftig dominant im scheinbar unbeobachteten Hintergrund, ihrem männlichen Gegenstück hier nicht etwa kampflos das Feld überlässt, sondern vielmehr in kleinen Gruppen unternehmerisch-geschäftig an innovativen Rezepten zur Umsetzung des durch das Mäusemelken gewonnenen kostbaren Elixiers über das bewährte Medium Thermomix arbeitet.
Es bleibt zu hoffen, dass den eifrigen männlichen wie weiblichen Protagonisten mehr Glück beschieden sein wird, als bei der letzten vergleichbaren Adaption Ende der Siebziger, als man nach alten Überlieferungen und Originaltexten zu eroieren versuchte, unter welchen Rahmenbedingungen ein "Hund in der Pfanne verrückt" wird. Der positiv gewertete dramatische Fall der Lebenshaltungskosten asiatisch stämmiger Familien in dieser Zeit vermag dabei ebenso wenig über den irreparablen Imageverlust hinweg zu täuschen, wie die vorrübergehende und mit Sonderschichten einhergehende Produktionssteigerung der Bratpfannensparte mehrerer Stahlwarenfabrikationen.
Und so ist es doch wieder der großartige offene Geist dieser Region, der uns ins Staunen versetzt. Wir drehen uns überrascht um und stellen fest : "Nee, watt schön hier!"